Im Mittelpunkt des Ansatzes steht eine Analyse von Future Skills in Stelleanzeigen. Der Ansatz ist klar und logisch gegliedert. Er beginnt mit einer Zusammenfassung und einem Executive Summary, gefolgt von der Einführung des Konzepts "Future Skills", der Analyse der Online-Stellenanzeigen, der Differenzierung nach Anforderungsniveaus und Berufshauptgruppen, detaillierten Betrachtungen spezifischer Skills, und schließlich der Frage, wie Future Skills erlernt und ausgebaut werden können. Die Sprache ist verständlich und wird durch Grafiken und Tabellen unterstützt [Abb. 1, 2, 3, etc.].
Die beschriebenen Skills sind operationalisierbar und die Studie zeigt ihre Nachfrage im Arbeitsmarkt. Die Studie identifiziert 26 relevante überfachliche Future Skills aus der Literatur und analysiert ihre Häufigkeit und Entwicklung in ca. 47 Millionen von Online-Stellenanzeigen zwischen 2019 und 2023 (s. S. 10-12). Die Skills werden basierend auf der ESCO-Klassifikation beschrieben und ihre Bezugskompetenzen werden teilweise explizit genannt (z.B. bei Einfühlungsvermögen, Anpassungsfähigkeit, Selbstständigkeit, kritischem und kreativem Denken). Die Studie gibt zudem konkrete Ansatzpunkte, wie Unternehmen das Lernen und die Entwicklung von Future Skills fördern können, z.B. durch Lernumgebungen, Partizipation und Feedback-Gespräche. Abgesehen von der ESCO Beschreibung wird keine eigene, abschließende Definition der Future Skills angegeben.
Der Kontext wird sichtbar gemacht. Die Studie verankert Future Skills im Rahmen der Digitalisierung, Dekarbonisierung und des demografischen Wandels (S. 6–11). Sie bezieht sich auf die VUCA-Welt und die Notwendigkeit, in dieser sich wandelnden Umgebung handlungsfähig zu bleiben. Auch das Konzept von "New Work" und dessen Einfluss auf Arbeitsweisen und Unternehmenskulturen wird erläutert (S.23). Zusätzlich zum deutlichen Arbeitsmarktbezug durch die Analyse von Stellenanzeigen wird auch die Handlungsfähigkeit in einer sich wandelnden Gesellschaft mit einbezogen.
Ethische Prinzipien und persönliche Haltungen werden adressiert. Future Skills sollen Menschen befähigen, "handlungsfähig, offen, kritisch und selbstwirksam zu bleiben"(S.5). Es wird betont, dass Kompetenz auch Persönlichkeitsmerkmale und Handlungsdispositionen umfasst, beeinflusst von motivationalen und habituellen Faktoren. Einsatzbereitschaft wird als mit Gewissenhaftigkeit verwandt beschrieben (S.13). Einfühlungsvermögen wird als Schlüsselkompetenz für gesellschaftliches Wohlergehen und zum Aufbau demokratischer Institutionen genannt (S.19). Im Kontext von New Work wird Selbstständigkeit mit Werten wie Freiheit und gesellschaftlicher Teilhabe durch Arbeit verbunden.
Der Ansatz orientiert sich in der Bewertung der angegebenen Future Skills insbesondere an Arbeitsmakrtanforderungen.
Der Ansatz geht über individuelles Können hinaus und adressiert gesellschaftliche Teilhabe und Transformation. Es wird der Begriff "Weiterbildungsrepublik" (S.5) verwendet, der auf eine großangelegte Kompetenzentwicklung abzielt. Die Studie betont, dass Future-Skills-Konzepte die großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klimawandel und Fachkräftemangel im Blick haben. Die Relevanz von Teamfähigkeit für die Lösung globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel wird hervorgehoben. Ein wichtiges Ziel ist es, einen "inklusiveren und sozial nachhaltigen Arbeitsmarkt" (S.44) zu fördern, indem die Kompetenzen von Geringqualifizierten berücksichtigt und anerkannt werden.
Der Ansatz reagiert explizit auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen und beschreibt ein klares Zukunftsverständnis. Der Fokus liegt auf "Kompetenzen für morgen"(Titel). Die Studie wird durch die schnelle Transformation der Arbeitswelt aufgrund von Digitalisierung, Dekarbonisierung, demografischem Wandel und globalen Krisen motiviert. Das übergeordnete Ziel ist es, Menschen und Organisationen auf eine "unbekannte Zukunft"(S.9) vorzubereiten. Es wird untersucht, welche dieser Future Skills bereits heute am Arbeitsmarkt nachgefragt werden, um ihre aktuelle und zukünftige Relevanz zu bestätigen. Das Verständnis für Future Skills orientiert sich am bestehenden Arbeitsmarkt, indem Stellenanzeigen analysiert werden. Weitere, darüber hinaus gehende Zukunftsverständnisse werden nicht erfasst.
Der Ansatz erwähnt mehrere bildungstheoretische Konzepte. Er betont die Notwendigkeit von lebenslangem Lernen und die Bedeutung von informellem Lernen in vielfältigen Lebenssituationen. Die Studie basiert auf der Europäischen Klassifikation für Fähigkeiten, Kompetenzen, Qualifikationen und Berufe (ESCO (S.10)), einem umfassenden Kompetenzmodell. Sie erwähnt auch die 4K-Kompetenzen (Kreativität, kritisches Denken, Kommunikation, Kollaboration) (S.32) als wesentliche Fähigkeiten für komplexe Hanldungskontexte. Zudem werden Ansätze zur Förderung von Lernmotivation und Lernkompetenz in Unternehmen diskutiert, einschließlich selbstbestimmter und sozialer Lernformate.
Kompetenzen (transversal skills). Sie definiert Kompetenz als eine Kombination aus Wissen, Fertigkeiten und Persönlichkeitsmerkmalen, die die Handlungsdisposition eines Menschen beeinflussen, einschließlich motivationaler und habitueller Faktoren. Dies geht über ein reines KSA (Knowledge, Skills, Abilities)-Verständnis hinaus und integriert Haltungen und die Fähigkeit zum selbstwirksamen Handeln in komplexen Kontexten. Beispiele wie Einsatzbereitschaft (Gewissenhaftigkeit) und Missionsorientierung verdeutlichen diesen erweiterten Kompetenzbegriff. Die Future Skills werden jedoch nicht als Kompetenzen definiert sondern in Form der ESCO Terminologie beschrieben (S.10). Diese ist hinsichtlich der Kompetenzformulierung begrenzt.
Das methodische Design ist sehr transparent und detailliert beschrieben. Es handelt sich um einen empirisch-quantitativen Ansatz mit einer umfassenden Datenbasis von 47 Millionen Online-Stellenanzeigen (S.12). Die Methodik umfasst Duplikatentfernung, Normalisierung von Berufsbezeichnungen (mittels BERT-Modell), Bereinigung um Zeitarbeits- und Ausbildungsstellen, sowie die Extraktion überfachlicher Kompetenzen durch ein ontologisches und regelbasiertes Named Entity Recognition-Modell (vgl S.49 folgende). Die Qualität der Extraktion und die Indikatoren zur Bewertung des Wachstums (Stärke und Geschwindigkeit) sind ebenfalls ausführlich erklärt. Die Beteiligten (Bertelsmann Stiftung, Larissa Klemme, Dr. Martin Noack, &effect data solutions GmbH, TextKernel BV) sind klar benannt.
Es wird deutlich, wer den Ansatz in die Praxis bringen muss. Die Studie benennt auf der Mesoebene verschiedene Akteure:
• Bildungssystem: Die Grundlagen für Future Skills sollten stärker im Bildungssystem angelegt werden, und Akteure verschiedener Bildungsbereiche müssen gemeinsam Möglichkeiten erarbeiten (S.48).
• Unternehmen/Arbeitgeber:innen: Sie sind gefordert, gute Lernumgebungen zu schaffen, Lernmotivation und -kompetenz zu fördern, Unternehmenskulturen anzupassen und Partizipation zu ermöglichen. (S.45-46)
• Beschäftigte/Lernende: Sie benötigen das richtige Mindset, um Future Skills ein (Erwerbs-)Leben lang zu entwickeln, und müssen ihre Kompetenzen stetig erweitern. (S.46)
• Politik: Die Forderung nach einer "Weiterbildungsrepublik" und der Verweis auf das Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) implizieren eine Rolle der Politik bei der Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen und Anreize (S:44).
Der Ansatz zielt explizit nicht auf eine didaktische Beschreibung von Future Skill Integration in die Lehre.
Die strategischen Ziele sind klar benannt. Der Ansatz dient dazu, Menschen und Organisationen auf eine unbekannte Zukunft vorzubereiten und ihnen zu ermöglichen, in einer sich wandelnden Welt handlungsfähig, offen, kritisch und selbstwirksam zu bleiben. Ein weiteres Hauptziel ist der Abgleich des theoretischen Diskurses über Future Skills mit empirischen Daten aus der Praxis des deutschen Arbeitsmarktes. Langfristig zielt die Studie darauf ab, die Bedeutung von Future Skills für einen inklusiveren und sozial nachhaltigen Arbeitsmarkt hervorzuheben, insbesondere durch die Anerkennung von Kompetenzen Geringqualifizierter. Zudem soll sie zur Stärkung der Weiterbildung und zur Anpassung des gesamten Bildungssystems an die Bedarfe von morgen beitragen.
