Das Modell ist in vier Kompetenzkategorien strukturiert: technologische, digitale, klassische und transformative Kompetenzen (Abb. 1, S. 5). Die Definitionen sind prägnant und mit tabellarischen Übersichten gut dargestellt (vgl. Tab. 1, S. 6). Dennoch bleibt die Darstellung funktional und schematisch, ohne tiefere pädagogische oder bildungslogische Rahmung. Es fehlen Querverbindungen zwischen Skills oder didaktisch-lernlogische Ordnungsprinzipien
Obwohl alle 21 Future Skills definiert werden, fehlt eine didaktische Operationalisierung. Es werden keine Lernziele, Kompetenzstufen, Formate oder Assessments beschrieben. In den Handlungsempfehlungen (S. 9–10) wird die Erstellung individueller Skill-Cards und die Bedeutung von Weiterbildungsökosystemen hervorgehoben, jedoch ohne Verbindung zu den konkreten Skills. Das Framework dient eher der strategischen Orientierung für Arbeitgeber:innen als der praktischen Bildungsumsetzung.
Der gesellschaftliche und wirtschaftliche Wandel (z. B. Digitalisierung, Pandemie, Klimawandel) wird als Kontext benannt (S. 2-3, S. 7). Die Skills sind als Reaktion auf diese Kontexte gedacht. Die Kontextualisierung bleibt jedoch auf unternehmensstrategischer Ebene (S. 3, S. 9-10) und wird nicht bildungsstrategisch oder systemisch vertieft (z. B. durch Einbettung in Bildungssysteme).
Einige Skills (z. B. Digital Ethics, Urteilsfähigkeit, Missionsorientierung) adressieren ethisch-normative Aspekte (S. 6), aber eine übergreifende normative Zielsetzung oder wertegeleitete Bildungsvision fehlt. Es bleibt unklar, welche Rolle Werte in Lernprozessen oder organisationaler Bildung spielen sollen.
Mit der Einführung transformativer Kompetenzen wird gesellschaftliche Verantwortung thematisiert (z. B. Missionsorientierung, Innovationskompetenz, S. 5-6). Die gesellschaftliche Dimension ist erkennbar, aber eher als Kompetenzinhalt für Individuen gedacht, nicht als Bildungssystem- oder Strukturziel. Die zivilgesellschaftliche Perspektive bleibt im Gegensatz zur arbeitsmarktbezogenen Perspektive wenig ausgearbeitet.
Das gesamte Framework zielt auf eine Art arbeitsmarktorientierte ‘future-readiness’ ab im Kontext von Herausforderungen wie Digitalisierung und Klimawandel. Es wird mit einem klar definierten Fünf-Jahres-Zeitraum bis 2026 gearbeitet. Das Zukunftsverständnis wird nicht weiter präzisiert und erläutert und methodisch reflektiert; der Kompetenzrahmen basiert auf einer quantitativen Unternehmens- und Behördenbefragung (n=500) (S. 3).
Es fehlt ein systematischer bildungstheoretischer Rahmen. Weder wird ein Bildungsbegriff entwickelt noch Bezug zu Lernprozessen oder didaktischen Konzepten genommen. Das Papier bleibt im Denken funktionaler Qualifikationen für den Arbeitsmarkt verhaftet.
Kompetenz wird weit gefasst, aber nicht theoretisch fundiert. Eine Differenzierung nach Wissensarten, Fähigkeitsstufen oder Prozessstrukturen erfolgt nicht. Der Kompetenzbegriff bleibt beschreibend und eng an arbeitsweltliche Anforderungen gebunden (S. 3)
Das Framework beruht auf einer Weiterentwicklung des Frameworks von Stifterverband/McKinsey 2018 und umfasst dabei erstmals die Dimension der transformativen Kompetenzen (S. 3). Das Framework basiert auf einer “im Juli und August 2021 online durchgeführten Befragung” mit 277 Unternehmen und 123 Behörden (S. 3). Eine detaillierte methodische Offenlegung (z. B. Sampling, Delphi, Codierung) erfolgt jedoch nicht.
Es werden beispielhafte Initiativen genannt (z. B. Studiengang, Weiterbildungsportal (S. 4), branchenspezifische Beratung (S. 10), aber keine systematische Implementierungsstrategie oder Steuerungsarchitektur vorgestellt. Die Rollen von Bildungsakteuren, Politik oder Organisationen bleiben implizit. In den Handlungsempfehlungen (S. 9-10) werden fast ausschließlich Unternehmen in den Blick genommen; die Rolle von Hochschulen in der Förderung von Future Skills wird nur in Kooperation mit Unternehmen und Ed-Techs beschrieben (S. 10).
Das Ziel ist die strategische Auseinandersetzung von Unternehmen mit Future Skills, um relevante Future Skills zu benennen und darauf aufbauend mögliche Kompetenzlücken zu identifizieren - mit einem Fokus auf “Qualifizierung Rekrutierung und Neuorientierung” (S. 9) - und zu Beschäftigungsfähigkeit und wirtschaftlicher Resilienz beizutragen. Es werden Handlungsempfehlungen für die Kompetenzbedarfsplanung in Unternehmen und Utnernehmensverbänden genannt sowie die Stärkung der Kooperation von Unternehmen, Hochschulen und Ed-Techs (S. 10). Eine bildungspolitische oder gesellschaftliche Strategieperspektive (z. B. Demokratisierung, Teilhabe) fehlt, ebenso wie eine weiterführende Auseinandersetzung mit der Rolle von Hochschulen.
